Bewgungskunst Eurythmie und ihre Grundlagen
Dietmar Ziegler, 2009
Die Bewegungskunst Eurythmie und ihre spirituellen Grundlagen
Überblick
Eurythmie ist eine Bewegungskunst, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts durch den Künstler und Geistesforscher Rudolf Steiner (1861-1925) gegeben wurde. Sie entstand zur selben Zeit wie andere avantgardistische Bewegungskünste (Rhythmische Gymnastik nach Jaques-Dalcroze, tänzerische Ausdrucksformen nach Rudolf von Laban etc.).
Es werden die Grundlagen dieser Bewegungskunst entwickelt, ihre Beziehung zur Spiritualität im Allgemeinen und ihre Beziehung zur Geisteswissenschaft ihres Begründers im Besonderen. Am Schluß wird aus aktuellem Anlass (Darwinjahr), auf die Bedeutung der Eurythmie im Hinblick auf ein Verständnis der Evolution, hingewiesen.
Einführung
Ohne spirituelle Grundlage gäbe es die Eurythmie nicht, eine Bewegungskunst, die in der Zeit zwischen 1911 und 1925 entstand. Als Bühnenkunst begann ihre Entwicklung auf dem anthroposophischen Boden von Rudolf Steiners Geistesforschung. Ihr Entstehungszeitpunkt fiel sicherlich nicht zufällig mit anderen expressionistischen Kunstbestrebungen zusammen, machte man sich in dieser Zeit daran, Naturalistisches in der Kunst zu überwinden.
Rudolf Steiners Anliegen war es damals, eine Bewegungskunst zu schaffen, die unmittelbarer Ausdruck eines geistigen, übersinnlichen Geschehens werden kann. (GA 271:201) Ausgehend davon, dass jede Kunstform ihr Medium hat, sich auszudrücken (Farbe und Leinwand, Musikinstrumente, Steinmaterial etc.), so sollte die Eurythmie den ganzen Menschen erfassend, Wort und Ton sichtbar in Erscheinung treten lassen. Eurythmie ist sichtbare Sprache und sichtbarer Gesang. Sie ist mit den Kunstformen von Sprache und Musik verbunden.
Der spirituelle Ansatz Rudolf Steiners – Anthroposophie
Eine der Wurzeln der Anthroposophie, ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts, neben anderen, bei Goethe zu finden. Welches war das Grundanliegen und die Leistung Goethes – nicht nur als Dichter, sondern auch als Wissenschaftler? Goethe versuchte sich immer als voller, ganzer Mensch dem Phänomen zu nähern, d.h. er bezog das subjektive Empfinden des Menschen mit ein. Wenn er sich beispielsweise forschend dem Licht näherte, so sprach er von den Taten und Leiden des Lichts. Rot z.B. entstehend, dadurch, dass das Licht durch ein dichteres Medium, gegen Widerstand sich den Weg bahnen muss – wie es beim Sonnenauf- und Sonnenuntergang zu beobachten ist, wenn das Licht einen weiteren Weg durch das Atmosphärische zu nehmen hat.1
Ein weiteres Forschungsfeld Goethes war, es den Teil eines Organismus, in Beziehung zum Ganzen zu verstehen. Am Beispiel der Pflanzenmetamorphose (Gestaltverwandlung) zeigte er auf, wie die einzelnen Organe der Pflanze als Verwandlungen des Blattes zu sehen sind.2 Für ihn ist die Natur nicht nur eine leblose Wesenheit, er spricht sie wie einen lebendigen Geist an:
Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Worum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
Vergönnest mir in ihre tiefe Brust
Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.
Du führst die Reihe der Lebendigen
Vor mir vorbei, und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
….
Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust Geheime tiefe Wunder öffnen sich. (zitiert nach Steiner GA 54: 231)
Damit ist aber auch das Wesen Goethes, als eines mitteleuropäischen Forschers charakterisiert. Die andere Forschungsweise ist bemüht, allen „subjektiven“ Einfluss zu eliminieren und die Welt zu objektivieren, durch „objektive“ Theorien zu erklären bzw. durch Theorien auf die Welt zu schauen und zu erklären. Nach dieser Forschungsrichtung, soll möglichst nur das zählbare und messbare Gegenstand der Forschung sein.
Rudolf Steiner geht nun über Goethe hinaus, indem er die Erfahrungen des Sinnlichen, der gegebenen Naturphänomene, mit vollem Bewusstsein zum Über-sinnlichen direkt überschreitet und dort forschend tätig wird. Eines seiner ersten Werke trägt daher konsequenterweise den Untertitel „Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“.3 Die Erforschung des Übersinnlichen ist natürlich kein neues Gedankengut. Die alten östlichen Traditionen kennen die übersinnlichen Organe, die dort Lotusblumen oder Chakren genannt werden. Der Weg ihrer Entwicklung ist aber in der Moderne ein anderer.
In den alten östlichen Schulen war es notwendig, sich zuerst ein Wissen, über die Zusammenhänge der anderen Welt zu erarbeiten, wie es z. B. in den alten Veden schriftlich niedergelegt ist. Dies war bereits schon ein Teil eines Reinigungs- und Klärungsprozesses. An diesem arbeitete der Schüler systematisch weiter, z. B. durch Fasten oder durch eine Art spirituelle Gymnastik (Hatha-Yoga). Erst, wenn der Schüler diese Stufen durch jahrelanges Üben durchlaufen hatte, durfte er sich den eigentlich spirituellen Übungen hingeben. Nicht anders ist es in dem Schulungsweg, den Rudolf Steiner vorschlägt. Auch er bildete mit der Anthroposophie eine Wissenschaft vom Geistigen aus. Sie kann z. B. in seinem Buch „Die Geheimwissenschaft im Umriss“ studiert werden. Der Leser wird vieles wiederfinden, das in den Veden in anderer Form beschrieben ist. (GA 142:22) So mündet auch die Anthroposophie in einen mehrstufigen Schulungsweg, der genau und von verschiedenen Gesichtspunkten von Rudolf Steiner geschildert wurde. Der wesentliche Unterschied ist, dass es im Weg der Anthroposophie keinen Guru mehr gibt:
„In unserer Zeit wird jede einzelne Individualität in sich finden müssen eine Art von führendem Geist im Innern der Seele, die Buddhi, die Kraft des Lebensgeistes.“ (Rudolf Steiner in GA 54:120).
Der strenge Lehrer in der alten Tradition wird zum Freund und Ratgeber, der den Schüler auf dem Weg des autonomen Lernens begleitet. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass meist von sinnlichen Gegenständen bzw. sinnbildlichen Gegenständen die Meditation, die Versenkung ausgeht, um anschließend in das erste Gebiet, das von Steiner als elementarisches Gebiet benannt wird, zu gelangen. Dies ist die Ebene der bewegten Wesen. Diese erste Stufe, die der Reinigung (Katharsis) folgt, nennt Steiner die imaginative Stufe. Erst von dieser Stufe ab, versucht der Schüler aktiv ein leeres Bewusstsein zu erlangen, damit die Wesen, die sich zunächst in bewegten Bildern zeigen, sich selbst aussprechen können. Dies ist, nach den Schilderungen verschiedener Geistesforscher, eine tönende Welt. Die Welt der Sphärenharmonien.
Die weitere Stufe ist die schwerste Stufe. Es ist die Stufe der Opferung, und indem dieser Begriff ausgesprochen wird, muss er verständlicherweise in der heutigen, eher egozentrisch ausgerichteten Zeit Widerstand erregen. Es ist die Stufe, da der Christus sagen kann, ich und der Vater sind eins (Joh. 10.30). Es ist das Aufgehen im anderen Wesen. Rudolf Steiner erwähnt dies auch als er die eurythmischen Vokalgebärden einführt. Zur Gebärde des O sagte er: „Ich werde [beispielsweise] ganz Baumseele“. Durch diesen Anfangslaut beginnt auch das Wort, das den großen Vogel bezeichnet, der uns in die Geistwelt führt: OM. Rudolf Steiner verwendet den Ausdruck AUM, später dann AOUM für seine Schüler. A steht für das Erstaunen, das berührt werden von einer höheren Welt, O als das Umfassen dieser Welt und das U als das Einswerden mit dem höheren, göttlichen Wesen und das Ruhen in ihm. Rudolf Steiner hat aus seiner übersinnlichen Forschungstätigkeit, eine neue Bewegungs-kunst, die später den Namen Eurythmie erhielt, geschaffen. Aber was wurde im Übersinnlichen erforscht?
Eurythmie als spirituelle und expressive Kunst
Es kann verwunderlich erscheinen, dass Rudolf Steiner die Eurythmie in Zusammenhang mit den expressiven Kunstbemühungen seiner Zeit stellte. Was heißt Expression? Ich muss im Innern, etwas Konkretes erleben, das ich Ausdrücken kann und ich benötige ein Ausdrucksmittel hierfür. Dies ist durch die verschiedene Künste, in unterschiedlicher Weise, möglich. Durch die Bilderhauerkunst in einem plastischen, dreidimensionalen Material, durch die Malerei mit der Farbe auf der Fläche (Leinwand), in der Musik durch Töne usw. und man wird bemerken, dass die verschiedenen Künste, verschiedene Aspekte, mehr oder weniger vollkommen in ihrem Medium ausdrücken können. Um wie viel schwieriger, muss dieses Ringen werden, wenn es sich nicht nur um Erlebnisse handelt, die an Eindrücke der Sinneswelt anschließen, sondern um Erlebnisse, Geschehnisse der übersinnlichen Welt, die um ein vielfaches Mehr, an Bewegungen, Tönen, fließenden Farben beinhaltet, als die Ereignisse der Sinneswelt. Nun erhoffte Rudolf Steiner von den EurythmistInnen, dass sie fähig würden, von diesem anderen Land durch ausdrucksstarke Gebärden zu künden. Was sind diese Gebärden?
Nach Rudolf Steiner bewegen sich beim Sprechen die übersinnlichen Leiblichkeiten des Menschen.4 Sängern und Sprechern ist bekannt, dass der ganze Leib beim Sprechen oder Singen engagiert ist. Diese übersinnlichen Bewegungen wurden nun von ihm studiert und im Sinne des Goetheschen Metamorphosengedankens, der Zusammenhang zur Gebärdensprache hergestellt. Seinen Forschungsansatz um zu diesen übersinnlichen Gebärden zu kommen beschreibt Rudolf Steiner im Zusammenhang mit Felicia Balde, die Märchenerzählerin aus dem Mysteriendrama und Capesius, dem Akademiker. Frau Balde nimmt den Professor Capesius tüchtig ins Gebet, da er sie offenbar nicht richtig versteht. Sie weißt den Capesius darauf hin, dass das Herz in den Kopf hinauffahren müsse, um die übersinnlichen Bewegungen wahrzunehmen, die Ihren Erzählungen zu Grunde liegen. Im Hinblick auf die Eurythmie heißt es dann:
„Was man da feststellen konnte in den Konferenzen mit Frau Felicia, das soll jetzt unserer Kunst der Eurythmie zugrunde liegen.“ (GA 227a:50).
Und lässt man diese Bewegungen, nun nicht in den Kehlkopf strömen, wie es Felicia Balde tut, sondern schiebt diese Gebärden und Bewegungen tiefer in den Leib, dann hat man die Eurythmie – Übersinnliches wird sinnlich sichtbar (GA 277:344f.).
Zu jedem Laut des Alphabets wurde eine entsprechende Gebärde gefunden. Das Sprechen ist aber selbst Teil, eines übersinnlichen, geistigen Vorgangs. Rudolf Steiner macht, dies an einem einfachen Beispiel klar: Früher hatten die Menschen offenbar noch ein anderes Verhältnis zum Denken. Sie fühlten: „wenn du denkst da streckst du etwas aus, da befühlst du etwas“ mit deiner übersinnlichen Organisation. Wenn man sagte: „Der Tag ist klar, die Nacht ist dumpf – in dem <klar>, dass man noch mit dem Herumgreifen keinen Widerstand findet.“ Man empfand aber nicht nur mehr oder weniger Widerstand, sondern empfand, die übersinnlichen Gebärden. Werden diese nun nicht am Gehirn und unseren übrigen Nerven abgelähmt, abgetötet, sodass nur noch das unbelebte Spiegelbild bleibt, sondern führt man diese Gebärden tiefer, dann entsteht das Sprechen. Das Sprechen ist die verdichtete Gebärde in der Luft. Schiebt man nun die geistige Gebärde, noch tiefer in den Leib, in den Bilde-Kräfte-Leib4, ohne Umweg über das Vorstellen bzw. Sprechen, dann kommt man zu Bewegungen, die geistgemäß sind. Es ist dann allerdings, der physische Leib, als unterstes Glied so zu trainieren, dass er diese seelischen Gebärden nicht hemmt, dass die Gebärden des inneren Menschen frei ausfließen können.
Deshalb konnte Rudolf Steiner sagen, man müsste eigentlich, wenn man die Eurythmie sieht, die Frage im Herzen tragen: „Ja sind denn das alles, Engel?“- denn Engel haben keinen mineralisierten, physischen Leib, der die Bewegungen der höheren Glieder hemmt.
Während der Schüler auf dem Weg der geisteswissenschaftlichen Schulung die Stufen des Denkens, der Phantasievorstellung, der Imagination, der Inspiration und Intuition durchschreitet, geht der eurythmische Künstler den umgekehrten Weg, den Rudolf Steiner im Motto der Anthroposophie zusammenfasst:
Und wenn ich heute eine Devise suchte, ein Motto für dasjenige, was ich Ihnen aus der Geisteswissenschaft, aus der Anthroposophie heraus als deren wahren Sinn zu charakterisieren habe, dann müßte ich für die ganze Anthroposophie …. folgendes Motto hinstellen:
«Überwindung der Sinnlichkeit durch den Geist ist das Ziel von Kunst und Wissenschaft. Die Wissenschaft überwindet die Sinnlichkeit, indem sie sie ganz in Geist auflöst, jene – die Kunst nämlich -, indem sie ihr – nämlich der Sinnlichkeit – den Geist einpflanzt.» (GA78:44)
In einer Eurythmieansprache präzisiert Rudolf Steiner diesen Vorgang im Hinblick auf die Eurythmie. Danach sind wir in der Intuition noch eins mit dem zu gestaltenden, auf der Stufe der Inspiration liegt es auf der Zunge und auf der Stufe der Imagination können wir uns dem Wesen gegenüberstellen und es gestalten um es in die Sinneswelt zu überführen. Einmal sprach Rudolf Steiner davon, dass es ihm am liebsten sei, die EurythmistInnen würden ihren Kopf hinter der Bühne lassen (überliefert durch Annemarie Dubach-Donath 1983) . Was heißt das? Was ist damit gemeint? Im Sinne der obigen Ausführungen und Rudolf Steiner Äußerungen über das Nerven-Sinnessystem ist klar: Der Begriff ist eine Form in der Wesenhaftes bis zur Erinnerungsvorstellung am Nerven-Sinnessystem gerinnen kann. Das Wesen erscheint in der Begriffs- oder Vorstellungsform. Dieses nun direkt umgießen zu wollen in eine andere künstlerische Form (z.B. die Eurythmie), wäre natürlich unkünstlerisch, da das Leben aus der Vorstellung entschwunden ist. Unter diesem Aspekt, können die symphonischen Dichtungen Wagners als unkünstlerisch emfpunden werden, wenn Musik als Illustration einer anderen Kunst, in diesem Fall der Bühnenkunst, dienen soll. Musiker wie Brahms haben dass empfunden und sprachen von der absoluten Musik, die nichts anderes benötigt. So nun auch die Eurythmie. Es wäre ein grobes Missverständnis, wenn die Eurythmie Gedanken, Vorstellungen, Sprachgebilde, Musikalische Gebilde, die durch die jeweilige Kunst (Philosophische Kunst, Sprachkunst, Musik) bereits in Erscheinung getreten sind, darstellen wollte. Den Sie haben bereits ihre Form gefunden und können von dort nicht noch einmal in Erscheinung treten. Dieses Problem kennen Musiker, wenn sie ein Stück das für ein bestimmtes Instrument komponiert worden ist, auf ein anderes übertragen, transkripieren wollen. Der Musiker, muß sich an die Sphäre der Intentionen anschließen um eine sinnvolle, stilvolle Transkription zustande zubringen. Nicht anders der Eurythmist, der sich mit einem Gedicht oder einem Musikstück auseinanderzusetzen hat. Nur deshalb kann Rudolf Steiner auch von einem chorischen Zusammenwirken zwischen der Sprachkunst und der Eurythmie sprechen. Eurythmie ist nicht nur Ausdruck des gesprochen Wortes, sondern das gesprochene Wort und die Eurythmie erscheinen nebeneinander und wirken ineinander, chorisch. (GA 277:417) Der Eurythmiker gestaltet nicht auf die Sprache bzw. Musik, sondern es ist ein chorisches Zusammenwirken der Künste. Das heißt, er muss sich an die Quelle anschließen, aus der die Dichtung bzw. Musik selber stammen.
Indem der Zuschauer teilhaftig wird, wie Übersinnliches in Sinnliches übergeht, kann der Bühnenraum der Eurythmie, zum modernen öffentlichen Mysterienraum für eine neue, dramatische Kunst werden. Dieser Prozess, wie Übersinnliches in Sinnliches übergeht, ist auch unaufhörlich in der wachsenden und blühenden Natur zu beobachten. Deswegen konnte Rudolf Steiner auch sagen, „in der Eurythmie müsse man überall Natur wittern“.5 (GA 277:415)
Durch den angewandten Goetheanismus der Eurythmie könnte gerade im Darwinjahr einiges dazu beigetragen werden, die Evolution richtig zu denken und zu empfinden, indem Sie die Menschen über die wahren Triebkräfte der Evolution aufklärt. Deren Verständnis alleine die Aufwärtsbewegung unserer Kultur und Gesellschaft in eine heilsame, harmonische Zukunft des Zusammenklanges der Empfindungen führen kann.
Anmerkungen
1 Dies kann in einem kleinen Experiment nachvollzogen werden, indem man vor eine Lichtquelle mehrere Lagen von Transparentpapier, als dichtes aber durchlässiges Medium, hält.
2 1790 veröffentliche Johann Wolfgang von Goethe seinen »Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären«. In dieser Abhandlung versucht Goethe »die Gesetze der Umwandlung « zu beschreiben »nach welchen die Pflanze einen Teil durch den andern hervorbringt und die verschiedensten Gestalten durch Modifikationen eines einzigen Organs darstellt.« Goethe hat mit seiner Art des Vergleichens die Morphologie begründet.
3 Rudolf Steiner. Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode. (Erstauflage 1894).
4 Steiner unterscheidet zunächst vier Glieder des Menschen: Den physischen Leib, der heute mineralisch durchsetzt ist. Als einen zweiten Leib, den Lebensleib oder Bilde-Kräfte-Leib. In ihm pulsieren alle Lebens- und Wachstumsprozesse. Eine weitere Leiblichkeit ist der Seelenleib. Er ist der Träger des Bewusstseins, der Triebe und Empfindungen. Leib darf dabei allerdings nicht im physisch-materiellen Sinn missverstanden werden, sondern soll nur vergleichsweise auf die eigenständige, in sich geschlossene Existenz des menschlichen Seelenwesens hinweisen. Dem Seelenleib oder Astralleib ist Bewusstsein eigen. Allerdings würden alle bewussten Erlebnisse wieder auf in die Vergessenheit sinken. Das Prinzip, welches die Erlebnisse vor dem Vergessen bewahrt, die Erinnerung, ist dem Ich eigen. Das Ich ist das vierte Glied des Menschen.
5 Unter diesem Aspekt, sind die Arbeiten des englischen Biologen Rupert Sheldrake interessant, die er 1981 in seinem Buch „Das schöpferische Universum“ publizierte. Andererseits aber auch die Naturanschauungen von Schelling und Oken: „Jedes Tier stellt uns gewisse menschliche Eigenschaften in einer einseitigen Ausbildung dar. Was die Amphibien haben, was die Schnecken haben, es findet sich auch im Menschen. Jene Schnecken, Amphibien und so weiter haben physisch etwas Einseitiges. Wenn man aber ein Ganzes daraus macht, dann bekommt man den harmonisch ausgebildeten Menschenleib, der alles, was draußen ausgebreitet ist, zusammenfaßt. Wie Paracelsus sagt, finden wir draußen in der Natur Buchstaben, und wenn wir diese zusammensetzen, ergeben sie ein Wort und dieses Wort ist der Mensch. … — Man muß die übrige Natur aus dem Menschen erkennen und nicht den Menschen aus der Natur…. Man braucht die Eigenschaften des Menschen nur aufzuteilen, dann versteht man die übrige Natur. (GA54: 404f.)